Klettern und Bergsteigen mit Heimkindern 
Und vieles mehr....                                        Hinweise und Tipps

                                                          

Zweifel.

 

Piz Bernina Biancograt

 

Gerade bei den Vorgesprächen mit den Ämtern, Eltern, Betreuern - über Genehmigungen der Touren usw. - kommen immer wieder Zweifel auf. Haben solche Unternehmungen bzw. Planungen überhaupt einen Sinn ? Lohnt sich das ganze Engagement, der Stress und die Aufopferung ?

Ich meine: Ja

Es waren einfach genug Erfolgserlebnisse da. Für mich selbst, wie für den Jugendlichen. Genauso viel Zeit, wie die pädagogische Maßnahmen oder die erzieherischen Ziele - nimmt die Theorie, Technik des Kletterns ein besonders breiten Rahmen ein.
Jede Woche fanden mehrmals theoretische Übungsabende statt. In 2 Heimen hatten wir sogar einen eigenen Kletterraum. Oft saßen wir stundenlang zusammen, vertieft über Tourenkarten, Lernmaterial oder Kletterbücher.
Hier konnte ich die ersten Eindrücke vom Klettern und Bergsteigen vermitteln.

Kinder wollen Klettern
Die im Alltag erworbenen elementare und sensomotorische Fertigkeiten des Kletterns, lassen sich schon sehr früh mit Kindern im alpinen Felsbereich anwenden und weiterentwickeln. Schon ab ca. 6 Jahren können daher gezielte Kletterübungen mit den Kindern sinnvoll sein.
Es gibt viele Klettergärten ( Eselsburger Tal, Geislingern, Dahn usw.) wo geeignete Felsformationen zum üben vorhanden sind. Die Schwierigkeiten der Kletterübungen und auch die Steilheit, richtet sich natürlich nach dem Alter und der Körpergrösse.Nach den ganzen Techniken und deren Verhaltensmaßnahmen wie z.B. Abseilen, Sichern, Knoten usw., haben die Jugendlichen nun die Möglichkeit, ihr Wissen und Erlerntes in die Praxis umzusetzen. Es beginnt nun der Moment, worauf sich die Kinder und Jugendlichen schon lange gefreut haben:  "Das eigentliche Klettern“
Doch oft ist es noch ein sehr langer Weg, sich im Fels zurechtzufinden. Die Grundformen der Klettertechnik hängt von jedem Einzelnen selbst ab.

Training, Ausdauer, Mut und Selbsteinschätzung -
Gerade in Heidenheim im Eselsburger Tal, konnte ich mit den Jugendlichen viel im Klettergarten üben und trainieren. Oft sind die Jugendlichen nach der Schule bzw. Arbeit mit mir noch in den Klettergarten gefahren, um das Klettern und die allg. Technik zu üben. Oft sind wir auch über Nacht geblieben - mit Lagerfeuer- Es war toll.
Trittschulung - Grifftechnik - Belastung - Beinarbeit usw., dass konnte ich ohne wenig Zeitaufwand mit den Jugendlichen üben und lernen. Der Klettergarten bei Heidenheim war ein ideales Übungsgebiet. Wichtig war, dass ich hier ständig beobachten konnte. Ich konnte dann beraten, helfen oder auch korrigieren.
Es gibt viele Übungen, wo die Kinder und Jugendliche höchstens 2 - 6 Meter an den Felsen hoch klettern.
Ein weiterer Schritt war dann natürlich der Umgang mit dem Seil. Hier lernen die Jugendliche, wie wichtig es ist,
verschiedene Seilknoten unbedingt zu beherrschen. Sei es beim Klettern selbst oder zum Sichern eines Kameraden. Zur Seilkunde gehören noch Reepschnüre und verschiedene Bandschlingen. Für die Sicherheit beim Klettern ist es unbedingt notwendig, dass die Jugendliche eine bestimmte Anzahl von Knoten legen können. Jeder hat ein 2 Meter langes Seilstück bei sich und hat dann die Möglichkeit  zum üben- auch zu Hause.
Knoten legen bzw. üben, macht den Kindern und Jugendlichen meißt sehr viel Spaß. Oft sah ich sie noch abends in den Betten, wie sie versuchten, die Knoten und Schlingen richtig zu ordnen und zu legen.


Folgende Knoten sollten unbedingt beherrscht werden :
- gesteckter Achterknoten (Anseilen)
- gebundener Achterknoten
- Spierenstich (Verbindung von 2 Seilen )
- Mastwurf ( Selbstsicherung )
- Bandschlingenknoten
- Prusikknoten ( Klemmknoten )
- Halbmastwurf ( Kameradensicherung )

Sichern
Die Jugendlichen mussten nun immer mehr Eigenverantwortung übernehmen. Sie mussten lernen, einen Kameraden selbst zu sichern. Vertrauen gegen Vertrauen. Nun wurden die Gespräche über - Zutrauen, Vertrauen - zur Wirklichkeit. Jeder ist hierbei für Jeden verantwortlich. Die Jugendliche mussten sich gegenseitig unterstützen und helfen. Was half die erlernte Technik, das Wissen und Können, wenn dann das Vertrauen zum Partner fehlt.
Sicherheit und Kameradschaft beim Klettern und Bergsteigen sind die absoluten Voraussetzungen. Durch gegenseitiges Sichern, ja helfen, wurden sehr viele Vorurteile abgebaut. Jeder Jugendliche war sich im Klaren, dass durch sachgemäßem sichern, Stürze im Fels weitgehend vermieden werden. Die Handhabung und das Erlernen des Sicherns ist für Kinder und Jugendliche sehr einfach. Gerade in den Anfängen des Kletterns, wird ein Gelände im unteren Schwierigkeitsbereich gewählt. Meist werden die Jugendlichen von oben gesichert. Sie gehen daher als Seilzweiter im Aufstieg. Gerade in diesem Schwierigkeitsbereich, trifft man immer wieder auf unterschiedliche Wandformen, die einen richtigen Einsatz verschiedener Klettertechniken verlangen. Zur Beherrschung wie z.B.-Rissklettern-Verschneidungsklettern- oder auch Kaminklettern, lässt sich, wenn direkt von oben gesichert wird, Risiken und Stürze fast gänzlich vermeiden.

Abseilen
Wenn ich mit den Jugendlichen zum Klettern fahre, dann wird als erstes gefragt: „tun wir zuerst abseilen“ ?
Gerade das Abseilen ist von der Technik und Handhabung her- und vom Erfolgserlebnis- eine enorm wichtige Sache. Hier können sie sich selbst beweisen, ihren Mut, ihr Können und ihr Vertrauen zu dem Sichernden.
Hierbei erleben sie ihre größten Abenteuer und Gefühlsmomente. Aber auch die ersten Tränen können dabei fließen. Wenn man plötzlich oben auf dem Gipfel oder auf der Felswand steht, die senkrecht abfällt und dann abseilen.....
Das erste Mal ist fast immer mit einer gewissen Unsicherheit und großer Angst verbunden- ein Unbehagen -Doch nach mehrmaligem Abseilen, wird es zu einem großen Erfolgserlebnis und zu einem riesengroßen Spaß. Oft ist es der Höhepunkt einer mühsamen Klettertour ! Doch.....wenn die „Älteren“ nicht gleich beim ersten Mal abseilen,
und Angst bekommen -und dann sogar die „Jüngeren“ zuerst abseilen- ja dann kann es schon mal zu Neid und Missgunst kommen. Doch wenn dann alle abgeseilt haben, kehrt meistens wieder Friede in die Gruppe ein.
Zuerst lernen wir in einem leicht geneigten Gelände, bevor die Jugendlichen an einer senkrechten Felswand abeilen dürfen. Sie werden dabei immer von oben direkt gesichert. In den meisten Klettergärten befinden sich Abseilstellen mit einbetonierten Ringhaken. Ich lernte mit den Jugendlichen drei Abseilarten :

Dülfersitz
Der unmittelbare Kontakt zwischen Seil, Rücken und Oberschenkel. Die einfache Handhabung und das Fehlen von zusätzlichen Vorrichtungen, sprechen dafür, diese Art des Abseilens zuerst zu lernen.

Karabinersitz
Bei dieser Technik entfällt die Reibung am Oberschenkel ganz. Das Körpergewicht wird gleichmäßig verteilt und das Seil kann nicht in die Kniekehlen rutschen- Für den Karabinersitz ist ein Sitzgurt erforderlich.

Abseilachter
Diese Abseilart haben wir sehr oft geübt, weil die Handhabung sehr einfach ist. Bei dieser Technik fallen sämtliche Seilreibungen am Körper weg.

Klemmknoten
Neben sämtlichen Übungen und Techniken, lernte ich mit den Jugendlichen auch das Aufsteigen an einem fixierten Seil. Sehr wichtig bei Gletschertouren und Bergunfällen. Prusiken ist eine Technik, die den Aufstieg an einem Seil mit Hilfe des so genannten „Klemmknoten(Prusik)“ erlaubt. Besonders kann diese Technik angewandt werden nach einem Sturz in das Seil, oder bei einem Spaltensturz auf einem Gletscher. Der Klemmknoten kann auch zur Selbstsicherung beim Abseilen verwendet werden. as Prusiken empfinden die Jugendliche als sehr großen Spaß und kann auch jederzeit an Bäumen im Heimgelände geübt werden.  

 
                        Wolfgang Hillmer
                        www.w-hillmer.de