Klettern und Bergsteigen mit Heimkindern 
Und vieles mehr....                                        Hinweise und Tipps

                                                          

30 Jahre Heimerziehung.

 

Frei wie ein Voigel

 

Beim gemeinsamen Klettern im Hochgebirge oder auf der Hütte wurden wir zur Einheit, 

egal ob: Krankenschwester, Penner, Lehrer, Arzt, Christ usw. Irgendwie waren wir alle gleich. Mit den selben Interesse! So lernte ich eigentlich das Leben kennen - und schätzen. Die Welt des Gebirges, die Einsamkeit, die Entbehrungen und die Freude an der Gemeinsamkeit in der Natur, brachten mir die ersten Erkenntnisse, zeigten mir den Weg, den ich gehen wollte. Ich wollte weiter vermitteln - weiterleiten-einfach weitergeben. Die Faszination, die mir selbst vermittelt wurde wollte ich an Kindern und Jugendliche weitergeben. Nach meiner Lehrzeit schloss ich mich dem CVJM an, die meiste Zeit verbrachten wir in den Bergen. Oft fuhren wir mit dem Fahrrad in die Berge - zum Zelten. Es war eine herrliche Zeit. Wie wurden zur einer echten Gemeinschaft-wir gingen zusammen durch „Dick u. Dünn“ Bald wurde ich selbst Gruppenleiter. Ich hatte eine Kindergruppe zu leiten. Gemeinsam verbrachten wir Freizeiten im Gebirge, machten Gruppenabende und hatten auch Kontakt zu den Eltern der Kinder.- Ich wollte in der Jugendarbeit bleiben -- Ich machte nach meiner Ausbildung zum Schreiner, einfach noch  eine Ausbildung an der Soz.Päd. Fachschule zum Heimerzieher. Meinen Entschluss dazu habe ich nie bereut. Es war für mich eine Aufgabe - weiter zu vermitteln - pädagogisch so zu arbeiten, die Kinder und Jugendlichen zu motivieren- über Gemeinschaft, Freundschaft, Entbehrungen, Erleben- in die Gesellschaft zurückzufinden.

Ich sah sehr viele Kinder und Jugendliche mit glücklichen und zufriedenen Augen auf unzählige Gipfel stehen.
- Viele fanden zurück - zu sich selbst !- Zurück in die brutale, rücksichtslose Gesellschaft.Warum gerade Klettern ? Oder Bergsteigen ?Sie taucht immer wieder auf, die Frage ! Pädagogik und Sport gehören eng zusammen. Es wurde schon viel darüber diskutiert. - Auch unter den Erziehern in den Heimen.An manchen Heimen sind Sportlehrer angestellt. Warum ?

 Was sind hier die Ziele eines Sportunterricht`s ?
Z.B. Erhaltung des Körpers, Befriedigung der Bewegungsbedürfnisse des Jugendlichen. Überhaupt die Förderung
der sportlichen Möglichkeiten des Einzelnen.



Der erzieherische Wert jedoch-gerade beim Sport im Freien- in der Natur, der nicht nur den Körper anspricht, bedarf eines großen Aufwandes.
Wenn einfach Kinder in die Heime eingewiesen werden, entstehen Ängste, Aggressionen und Verunsicherung -Wodurch entstehen diese Verhaltensweisen ? Situationsabhängig ? Eine Beeinträchtigung des Wohlbefindensoder auch organisch bedingt. Wodurch entstehen Ängste ? Neue Umwelt- Heimeinweisung-fremde Personen usw. Zutrauen und Vertrauen fehlt, einfach eine große Unsicherheit kommt auf. Es sind Ergebnisse aus negativen Erfahrungen. Können Aggressionen abgebaut werden ? Erzieherische Einflüsse können nur zur Umorientierung der verschiedenen Aggressionen beitragen !

Was hilft ?
Die Natur, die Berge zwingen zur Kameradschaft, sie zwingen einfach zur absoluten Hilfsbereitschaft.

Klettern als erzieherisches Mittel
Gebirge trennen Völker und die Menschen, die sich auf den Gipfeln begegnen, sind keine Staatsmänner-
und was sie sich zu sagen haben, sagen sie sich nicht im Konferenzsaal am runden Tisch. Sie binden sich einfach in das Seil: Italiener, Franzosen, Amerikaner, Deutsche, Schulbuben und Pensionisten, Doktoren und Schüler. Wir sagen alle „DU“ zueinander. So einfach ist das !Stacheldraht macht aus einem Land viele Länder. Die Berge grenzen nicht ab- die Berge verbinden.- Auch ich war mit vielen Menschen zusammen -Man muss einfach das Erlebte weitergeben- weitervermitteln -mir wurde auch weitergegeben- weitervermittelt.Ich konnte das erste mal Einblick in die tiefe Funktion der Erziehung bei einer Jugendfreizeit nehmen. Bei einer Freizeit der Kurzschule Baad im Kleinen Walsertal. Diese Schule benützt den Sport direkt als erzieherisches Mittel.


„Sport als Mittel des sozialen und emotionalen Lernens“


In dieser Freizeit wurde mir erst bewußt, was es heißt: -miteinander und füreinander da zu sein-Diese Zeit hatte einen großen erzieherischen Einfluß auf mich. Ich erkannte, was durch Sport- Klettern und Bergsteigen - alles möglich ist. Wie wertvoll eine Gruppe sein kann. Wie wertvoll es ist, sich um jemanden zu kümmern- auch um Schwächere- Bei solchen Erlebnissen, werden Gefühle angesprochen, die tief berühren, beglücken aber auch enttäuschen können. Es werden Situationen bewußt durchlebt, die einfach haften bleiben. Erfahrungen bleiben zurück, eine Bewusstseinserweiterung, ein Dazulernen- eine Verhaltensveränderung,die das weitere Leben entscheidend beeinflussen kann.

Soziale Herausforderung
Der Wunsch kann dabei entstehen, nach immer neuen Erlebnissen -nach immer mehr lernen, nach einer Gemeinschaft, nach Freunden, nach Vertrauen und ein Herausreißen aus einer drohenden Langeweile des Alltages. Gerade das Kind besitzt eine besondere Lernfähigkeit, eine besondere Aufnahmefähigkeit. Schon Werner Corell meinte: „ Der Jugendliche benötigt auf jeder Entwicklungsstufe emotionale und soziale Herausforderungen  „Aufgaben, die noch bewältigt werden können".
Das heißt aber auch, keine Überforderung, auch keine Unterforderung. (Langeweile durch Unterforderung) Es sollte auch keine verwöhnende Erziehung sein. ( Verhinderung selbständiger Leistungen- das Kind wird zu sehr geschont- auftauchende Schwierigkeiten werden sofort abgenommen ) Was sind dann die Auswirkungen ?Schwierigkeiten bei der sozialen Einordnung. Der Jugendliche findet sich selbst nicht mehr zurecht.Er hat große Kontaktschwierigkeiten und Trennungsängste. Der Jugendliche wirkt gehemmt und schüchtern.Gerade in einer Gemeinschaft beim Bergsteigen, in einer Seilschaft, oder bei einem Hüttenabend können solche Merkmale abgebaut werden. Gleichzeitig muß aber eine Überforderung verhindert werden. - Der Betreuer stellt sich hier einer großen Verantwortung -Die Folge einer Überforderung kann ein gestörtes Leistungsverhalten nach sich ziehen. Was sind die Merkmale ? Von einem Kind oder Jugendlichen wird mehr verlangt, als es überhaupt kann. Das überspannte Verhältnis zwischen Forderungen, denen das Kind gerecht werden will, führen zu Verhaltens- und Leistungsänderungen.

Eigenschaften des Erziehers
Die Auswirkungen sind wie schon erwähnt :- Aggressionen und Regressionen -- Trotzreaktionen, Verweigerungen, Aufsässigkeit und Zerstörung -Ich habe viele solche Situationen erlebt. In Heimen, aber auch bei verschiedenen Gruppen. Beim Klettern fand ich Möglichkeiten, diesen Auffälligkeiten entgegenzutreten. Was ist eine richtige Erziehung? Wie muß ein Erzieher handeln? Erziehung ist ein ständiger Prozeß, eine immer fortschreitende Entwicklung. Hat eine Betreuungsperson solche Eigenschaften?- Freude bei der Arbeit, Vertrauen, Festes Ziel, Anpassungsfähigkeiten, entsprechendes Alter, Kritikfähig, Ehrlichkeit, Vorbildfunktion, Hilfe zur Selbsthilfe, Weiterbildung.....

Man könnte noch viele Punkte aufzählen. Ist der Erzieher ein Wundermensch? Kann er solche Eigenschaften alle haben? Ich weiß es nicht! Ich bekam einen Leitsatz mit auf meinen Weg: „ Die erzieherische Autorität ist die Grundvoraussetzung der heutigen Erziehung „ Stimmt das denn noch? In einer Seilschaft mit Kindern wird ein Erzieher mit anderen Augen gesehen. Nicht unbedingt als Autoritätsperson. Als Freund, als gleichwertiger Partner - und doch spielt dann wieder die Autorität eine ganz entscheidende Rolle.

Man darf nicht verwechseln:
Autoritär = ist die Macht, den Willen von einem selbst, anderen aufzuzwingen.
                  
Autorität = wird spontan gegeben, freiwillig von anderen, auf Grund
                  
      innerer Werte und beruht auf Vertrauen.

 

 

                Wolfgang Hillmer
                www.w-hillmer.de